38 Jahre Mobiltelefone: Wir blicken zurück auf 4 Jahrzehnte

38 sind dieses Jahr nicht nur Whistleblower Edward Snowden, Superman-Darsteller (und James-Bond-Kandidat) Henri Cavill, Musiker Mark Forster und Fußballer Franck Ribéry geworden – sondern auch das Mobiltelefon. Zeit für einen kleinen Blick zurück:

 

Die Achtzigerjahre: geheimnisvolle Kästen für wichtige Menschen

 

Die ersten Mobiltelefone waren – nun ja, nur begrenzt mobil. Beinahe ein Kilo brachten die Geräte auf die Waage und nach rund einer Stunde Gespräch war der Akku alle. Da sie zudem beinahe so viel kosteten wie die günstigsten Autos auf dem Markt, begegnete man ihnen eher in Film und Fernsehen – wo sie gerne von CEOs (die man damals noch Vorstandsvorsitzende nannte), Geheimagenten und Drogenbossen bedient wurden – als im wirklichen Leben. Doch die Batterietechnik machte, ähnlich wie heute bei Elektroautos, schnelle Fortschritte, während zugleich die Prozessoren immer kleiner wurden. So näherten sich die Apparate langsam einer praktischen Verwendung an.

 

Die Neunzigerjahre: Lebensveränderndes Lifestyle-Accessoire

 

Der eigentliche Durchbruch für das, was wir in Deutschland begannen, „Handy“ zu nennen (was bei jedem Engländer Lachkrämpfe auslöst), kam ab Mitte der 1990er Jahre: Die Geräte waren nun so handlich geworden, dass man sie mit etwas gutem Willen in die Hosentasche stecken konnte (wir erinnern uns: in den 90ern waren das oft Baggies und beinahe immer XXL), und die Batterien hielten lang genug durch, um wirklich einen mobilen Lifestyle einzuläuten. Außerdem waren die Kosten auf ein Maß gefallen, dass es beinahe Allen ermöglichte, sich den piepsenden Gefährten zuzulegen – sofern man mit den oft horrend teuren Telefonverträgen umgehen konnte. Mit emsigem Tippen auf den Zahlentasten ließen sich indes die kostbaren Gesprächsguthaben sparen: Inzwischen hatte die SMS Einzug gehalten. Und so begann das Mobiltelefon unser Leben nachhaltig umzukrempeln – ständig unterwegs, immer erreichbar und alles spontan abgesprochen: was heute selbstverständlich erscheint, war noch 1995 für die Meisten undenkbar.

 

Die Nullerjahre: Immer kleiner, immer smarter – und plötzlich mehr Computer als Fon

 

Um die Jahrtausendwende hatte praktisch Jeder ein Handy. Die Hersteller mussten sich zunehmend etwas einfallen lassen, um den Markt am Laufen zu halten. Dementsprechend kreativ und ambitioniert ging es zu: Einerseits wurden die Geräte immer kleiner und leichter – wer ein High-End-Nokia von 2002 neben ein Huawei Mate 20 von 2021 hält, muss aufpassen, ersteres nicht mit einer Zahnbürste zu verwechseln. Andererseits wurden immer neue Funktionen integriert: Abgespeckte Internetbrowser (erinnert sich noch jemand an WAP?), mp3-Spieler (und personalisierte Klingeltöne…), GPS-Sensoren (für den damaligen Mega-Hype Geocaching), Kamera, Taschenlampe, Diktiergerät und mehr machten das Phone langsam zur Allzweckwaffe. Mit BlackBerrys und Palm Pilots mutierte es auch zunehmend zum Arbeitsgerät, auf dem man mit etwas Leidensfähigkeit durchaus regelmäßig E-Mails schrieben und Dokumente bearbeiten konnte. Die wirkliche Wandlung zum „Smartphone“ brachte aber erst Apple zuwege – das iPhone erfand mit seinem quasi offenen Ökosystem an Apps das Mobiltelefon neu als eine Art Laptop im Westentaschenformat mit intuitivem Touchscreen. Während die Preise zudem seit Jahren nur noch gepurzelt waren, setzte der kalifornische Konzern das Handy nun wieder auf die Liste der Luxusartikel.

 

Die Zehnerjahre: Smartphones krempeln unseren Alltag um – und werden immer größer

 

Die Wandlung zum Smartphone mit Touchscreen und immer mehr Apps führte zu einer radikalen Wende unseres mobilen Begleiters: Immer größere Displays und immer mehr Rechenleistung wurden nötig, damit auch wieder größere Akkus. Als kleine Ironie der Geschichte wurden damit die Mobiltelefone wieder wesentlich raumgreifender, schwerer, teurer und mussten so oft ans Ladekabel wie seit den frühen 1990ern nicht mehr. Dafür allerdings wandelten sie erneut unsere Mediennutzung – und den ganzen Lebensstil. Denn inzwischen waren die Phones in vielen Kontexten zum vollwertigen Ersatz geworden für eine ganze Armada an elektronischen Geräten: mp3-Player, Discman, Taschenrechner, Diktiergerät, Notizbuch, mobile Gaming-Devices… und immer häufiger auch den Laptop. Passt das Telefon zwar oft wieder nicht mehr in die Hosentasche, ist dafür in Jacken- oder Handtasche nun deutlich mehr Platz. Einen noch tiefgreifenderen Effekt hatte das mobile Internet, das mit besseren Übertragungsstandards wie 3G und 4G nun wirklich überall mit dabei war. Vom Arbeiten (Cloud-Dienste etc.) bis zum Konsum (Shopping-Apps, QR-Codes usw.), vom Gaming (Candy Crush anyone?) bis zum Dating (Tinder, beinahe everyone…) wurden so ganz neue Lebensstile möglich – wer in den 10er Jahren Jugendlicher war, konnte sich gar nicht mehr vorstellen, wie noch 5 Jahre zuvor die Menschen zurechtkamen.

 

Die Zwanzigerjahre: Lassen wir uns überraschen

 

Die großen Jahre der Transformation scheinen erstmal vorüber: Nach dem massiven Schub der späten 00er- und der 10er-Jahre bergen neue Geräte heutzutage nur selten große Überraschungen. Jede Generation wird noch besser und leistungsstärker, doch man findet sich sofort zurecht und entdeckt kaum ganz neue Dimensionen des mobilen Lebens. Mit immer mehr chinesischen Herstellern purzeln dafür die Preise wieder. Doch sollten wir nicht zu früh davon ausgehen, dass das Smartphone sich nun genauso langsam weiterentwickelt, wie es lange Zeit der Fernseher tat: die Situation heute erinnert an jene vor zwanzig Jahren. Damals kam erst das BlackBerry und dann das iPhone – und die Welt sah anders aus. Womöglich kommt der nächste große Sprung von Wearables wie Smartwatches, Smart Glasses und automatisch gespiegelten Inhalten auf Smart Displays in Auto und Haus. Dann würden die riesigen, glitzernden Telefone von heute wieder zunehmend in den Hintergrund treten, zugunsten kleiner, unaufdringlicher, kaum bemerkbarer „Diener“, gesteuert per Sprache und Geste. Lassen wir uns überraschen!